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Forschung und Entwicklung

Der Pflege eine Stimme geben

Forschung und Entwicklung

Der Pflege eine Stimme geben

Sören Hammermüller ist Gesundheits- und Krankenpfleger, Wissenschaftler – und COO der DEUTSCHENFACHPFLEGE. Sein umfassender Blick auf die Pflege ist geprägt von beruflichen Stationen in Klinik, Außerklinik und Forschung. Als Chief Operating Officer eines deutschlandweit agierenden Pflegeverbundes setzt er sich unter anderem dafür ein, pflegerelevante Kennzahlen zu erheben, auszuwerten und auf dieser Basis Maßnahmen zu ergreifen, die nicht nur dem Unternehmen, sondern der gesamten Pflegebranche nützen. Künftig wird es zu diesem Zweck eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung in der DF geben. In einem Gespräch gibt Sören Hammermüller Einblicke in sein Vorhaben.

Seit wann besteht die Idee zur systematischen Versorgungsforschung in der <style=”font-weight:900;”>DF?</style=”font-weight:900;”>

Vor drei Jahren ist das Thema Qualitätsmanagement in unserem Pflegeverbund ganzheitlicher geworden und das Fachteam medizinische Behandlungspflege (FmB) war so weit etabliert, dass wir auf immer mehr Zahlen zugreifen konnten. Mein eigenes Wissenschaftlerherz schreit danach, Erkenntnisse, wie wir sie hier gewinnen, zu kommunizieren – vor allem vor dem Hintergrund, dass es im Bereich der außerklinischen Pflege gar keine flächendeckenden Daten gibt. Wir müssen dem also mehr Raum geben.

Warum sind Zahlen so wichtig für die Pflegebranche?

Die Berufsgeschichte der Pflege ist auf Zweierlei zurückzuführen: Das Bewusstsein einer intuitiven Nächstenliebe und im späteren Verlauf das Instrument ärztlich delegierter Leistung. Spätestens seit 2003 hat sich die Krankenhausrefinanzierung maßgeblich verändert, was durch Mischkalkulationen zur Folge hat, dass der Wert von Pflege noch intransparenter wurde. Das führte dazu, dass Pflege immer nur ein Mittel zum Zweck für etwas anderes war. Es gibt aber viele pflegerische Belange, die nicht in den medizinischen Kontext gestellt werden können. Hinzu kommt, dass Pflege im deutschsprachigen Raum lange nicht akademisiert war, was automatisch dazu führt, dass sie immer noch zu wenig erforscht ist. Gesamtgesellschaftlich führt das dazu, dass es ein immer größeres Spannungsfeld zwischen demografischem Wandel und Arbeitsmarkt gibt. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, braucht es Zahlen. Natürlich wollen wir auch immer besser werden, was die Versorgungsqualität angeht. Wir wollen die Menschen länger in der Häuslichkeit haben und Lebensqualität schaffen.

Wie ist generell der Datenstand in der Branche?

Es gibt immer mehr Hochschulen, die sich dem Thema der Pflegewissenschaften widmen. Das sind aber an ganz vielen Stellen qualitative Forschungsarbeiten, keine quantitativen Studien. Das liegt an der Kleingliedrigkeit der Pflege: In Deutschland gibt es über 15 300 kleine, inhabergeführte Pflegedienste, die nicht in so großen Strukturen organisiert sind wie die DEUTSCHEFACHPFLEGE. In dem Kontext sind breit angelegte quantitative Untersuchungen nur sehr schwer möglich. Wenn man sich unsere Zahlen ansieht, ist das weitaus mehr, als bisher in der Branche veröffentlicht wurde. Deswegen wecken wir damit schon heute ein großes Interesse. Es gibt zwar Initiativen wie das Pflegethermometer. Aber wenn man sieht, wie wenig Menschen daran teilnehmen, merkt man, wie klein das Bewusstsein für die Relevanz der Forschung bisher ist. Hier muss sich jede*r an die eigene Nase fassen – damit meine ich jede*n Einzelne*n, der oder die in der Pflege arbeitet, davon profitiert oder darauf angewiesen ist: Keine Studie funktioniert, wenn man eine Anfrage zur Teilnahme ignoriert. Jede*r muss einen Beitrag leisten.

Was sind die weiteren Schritte in der DF zur Forschungs- und Entwicklungsabteilung?

Wir werden zweigleisig fahren, denn ich möchte keine Zeit verlieren. Deshalb setzen wir alle Maßnahmen ungebremst und losgelöst von einer künftigen Abteilung als Teil unseres Qualitätsteams um. Außerdem schauen wir, was die ersten wesentlichen Punkte sind, die man für nachgelagerte Versorgungsforschung angehen muss, die Vorarbeit also: Wir müssen ja erst einmal wissen, was das für Menschen sind, die wir versorgen – sowohl in der Alten- und Krankenpflege als auch in der Intensivpflege. Mit der Codierung von Aufnahmegründen und Nebendiagnosen unserer Intensivklient*innen haben wir da bereits erste wichtige Schritte getan. Mittlerweile haben wir eine Statistikerin an Bord geholt, um der Zahlenmenge gerecht zu werden. Wir suchen auch proaktiv innerhalb der Branche Lehrstühle, Institutionen usw., die ein ähnliches Interesse haben wie wir, um sie ebenfalls an Bord zu holen. Im letzten Schritt geht es dann um die Umwandlung der Ergebnisse in konkrete Maßnahmen, um uns als Unternehmen besser zu machen – und natürlich auch darum, unsere Erkenntnisse zu publizieren, sie der gesamten Branche zur Verfügung zu stellen, damit auch andere sie nutzen können.

Wozu Versorgungsforschung?

Ich möchte die Versorgungsqualität der Pflege hilfsbedürftiger Menschen, die unter konträren Rahmenbedingungen stattfindet, steigern. Dazu muss man sich natürlich erst einmal fragen: Was ist überhaupt die bessere Versorgungsqualität? Zweitens haben wir eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Dann wollen wir unsere Interessen als Pflegedienstleister politisch vertreten können. Das können wir nur, wenn wir in der Lage sind, darzulegen, was wir tun. Und schließlich haben wir den Anspruch, Qualitätsführer der Branche zu sein. Wer legt fest, was gute Pflege ist? Das beschreibt gut, was dabei die Herausforderung ist.

Was ist die Vision?

Dass die DF ein weiteres Mal ihre Qualitäts- und Marktführerschaft unter Beweis stellt. Dass wir dazu beitragen, trotz der Herausforderungen im deutschen Versorgungsraum Antworten zu geben, wie qualitativ hochwertige Pflege aussieht. Wir müssen der Pflege eine Stimme geben, um uns Gehör zu verschaffen, damit wir das erhalten, womit wir hochwertige Dienstleistungen erbringen können.