Eine wissenschaftliche Studie, die mit Unterstützung der DEUTSCHENFACHPFLEGE erstellt werden konnte, zeigt, wie sich durch regelmäßige Videovisiten von Lungenfachärzt*innen das Potenzial einer Entwöhnung von Beatmungshilfen (Weaning) besser und effizienter erkennen lässt. Dadurch können zudem Klinikaufenthalte zum Weaning gezielt geplant und unter Umständen sogar ganz vermieden werden. Krankenhausaufenthalte stellen für außerklinisch betreute Intensivklient*innen sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die Angehörigen und das betreuende Personal in den Krankenhäusern stets eine große Belastung dar. Die Studie zeigt, dass sich in der außerklinischen Intensivpflege durch Videovisiten die Therapie von Klient*innen, die auf Atemunterstützung angewiesen sind, wesentlich verbessern lässt.
In den vergangenen Jahren ist die Patient*innenzahl in der außerklinischen Intensivpflege (AKI) stark gestiegen. Obwohl viele der Betroffenen invasiv beatmet werden, beispielsweise über eine in die Luftröhre eingeführte Kanüle (Tracheotomie), fehlt oft eine lungenfachärztliche Anbindung. Bei bis zu 60 bis 70 Prozent dieser Menschen wird außerdem weiteres Weaningpotenzial vermutet. Ein telemedizinischer Ansatz, um dieses zu beurteilen und eine pneumologische Betreuung zu ermöglichen, wurde bisher nicht in Studien wissenschaftlich untersucht.
Sören Hammermüller, COO der DEUTSCHENFACHPFLEGE und Mitautor der Studie:
„Ein großer Engpass in der außerklinischen Intensivpflege ist die flächendeckende ärztliche Betreuung durch Lungenfachärzt*innen, die in der Behandlung von beatmeten Menschen die entsprechende Erfahrung mitbringen. Dank der Möglichkeit von Videovisiten lässt sich die Versorgung dieser wachsenden Gruppe entscheidend verbessern bei gleichzeitiger Entlastung der Fachärzt*innen. Unsere Studie zeigt zudem, dass sich durch regelmäßige Videovisiten eine höhere Qualität in der Betreuung dieser Menschen bei gleichzeitiger Kostenentlastung für das Gesundheitswesen erreichen lässt.“
In vier Beatmungs-Wohngemeinschaften der DEUTSCHENFACHPFLEGE wurden von März 2021 bis Februar 2024 telepneumologische Visiten durchgeführt. Über ein Videoportal erfolgten ein Anamnesegespräch und die Beurteilung zum Beispiel der Beatmungsmesswerte. Zusätzlich kamen ein mobiles Gerät zur Blutgasanalyse (BGA) und ein digitales Stethoskop zum Einsatz. Die Therapievorschläge der Lungenfachärzt*innen haben die Hausärzt*innen, die diese Menschen betreuen, umgesetzt.
71 tracheotomierte Klient*innen wurden unabhängig von ihrem Weaningpotenzial in die Telemedizingruppe eingeschlossen. Von diesen waren 40 spontan atmend und 31 beatmet. Im Verlauf der telepneumologischen Betreuung konnte die Beatmungszeit bei 23 der 31 beatmeten Betroffenen reduziert werden. Allein dieser Fortschritt bedeutet bereits eine große Verbesserung in der Lebensqualität. 5 dieser 31 Teilnehmer*innen benötigten nur noch eine nächtliche Beatmung, bei 4 konnte die Beatmung sogar vollständig beendet werden.
Die Ergebnisse aus dieser Gruppe wurden mit denen einer Kontrollgruppe aus vier Beatmungs-Wohngemeinschaften verglichen, die nicht telepneumologisch betreut worden sind. Der Vergleich der Telemedizingruppe mit der Kontrollgruppe zeigt entscheidend bessere Ergebnisse.
Sören Hammermüller, COO der DEUTSCHENFACHPFLEGE und Mitautor der Studie:
„Die Pflege in Deutschland leidet darunter, dass ihr in der Vergangenheit wissenschaftlich zu wenig Interesse entgegengebracht worden ist. Durch Nutzung der vielfältigen Kompetenzen in unserem bundesweiten Netzwerk wollen wir von der DEUTSCHENFACHPFLEGE diesen Mangel durch regelmäßige wissenschaftliche Veröffentlichungen beheben helfen.“
Quelle der Studie:
Claudia Jafari, Nilüfer Orhan, Sören Hammermüller, Gernoth Plappert, Stephan Porten, Alan Strassburg: Verbesserung der fachärztlichen Versorgung für Patienten in der außerklinischen Intensivpflege durch regelmäßige pneumologische Videovisiten: eine Real-Life-Studie. Online seit 20. Januar 2025. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
Das Abstract der Studie kann über diesen Link bezogen werden: